Beitrag
von H-babe » 24.01.2014 11:55
Hier noch ein paar Urteile
Urteil 1: Privat am stillen Örtchen
Der Gang zur Toilette ist während der Arbeitszeit unvermeidbar – birgt manchmal aber auch ein Risiko. Das zeigt der Fall eines Polizisten aus Bayern. Er klemmte sich in den WC-Räumen den rechten Mittelfinger in einer Tür ein und klagte auf Anerkennung eines Dienstunfalls. Doch das Verwaltungsgericht in München entschied gegen den Kläger. Zwar sei der Weg zur Toilette geschützt, nicht aber der dortige Aufenthalt. Auf dem Klo sei der Beamte Privatmann (Az. M 12 K 13.1024).
Urteil 2: Keine Rente bei Nicht-Erweckbarkeit
Wer ein richtiger Morgenmuffel ist und nicht aus dem Bett kommt, kann das nicht seinem Arbeitgeber anlasten – auch wenn der Arbeitnehmer angibt, an einer „unüberwindlichen morgendlichen Nicht-Erweckbarkeit“ zu leiden. Er höre weder den Wecker noch eine extra angeschaffte Stereoanlage mit 2000 Watt Leistung, gab ein Mann zu Protokoll.
Weil er ständig verschlief – regelmäßig vier- bis fünfmal im Monat – , wurden seine Arbeitsverhältnisse immer sofort wieder gekündigt. Nun kämpfte der Mann um seine Erwerbsminderungsrente – und unterlag. Ein Mitarbeiter, der sich auf solche Gründe berufe, muss sogar eine Streichung seiner Erwerbsminderungsrente hinnehmen, urteilte das Sozialgericht Dresden. Das Gericht ließ eigens ein neurologisches Gutachten erstellen und ordnete zusätzlich eine Untersuchung des Klägers im Schlaflabor an.
Ergebnis: Das behauptete Phänomen beruht auf einem gestörten Biorhythmus infolge „zu späten Zu-Bett-Gehens“. Das rechtfertige keine Rentenzahlung (Az. S 24 R 1531/07).
Urteil 3: Vor Dienstbeginn bekleiden
Kämen Sie auf die Idee, das Anziehen Ihrer Kleidung als Arbeitszeit anzusehen? Einige Polizisten sind dieser Meinung. Schon mehrfach gab es Klagen, die Umkleide- und Rüstzeit – also die Zeitspanne, die die Mitarbeiter für das An- und Ausziehen ihrer Dienstkleidung sowie das Zusammenstellen und späteres Wiederwegpacken ihrer Ausrüstungsgegenstände benötigen – anzurechnen.
Die letzte Klage dazu vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe wurde abgewiesen. Ein Streifenbeamter im Schichtdienst hatte auf die Gutschrift von 15 Minuten pro Schicht geklagt. Das Gericht befand, dies seien dienstvorbereitende Maßnahmen, die vor der Schicht zu erfolgen hätten (Az. 11 K 3998/08).
Anders werteten die Richter den Fall einer OP-Schwester, die sich am Arbeitsplatz aus hygienischen Gründen mehrfach umziehen muss und die Arbeitskleidung nicht Zuhause anziehen darf. Ihr muss das An- und Umlkeiden im Betrieb als Arbeistzeit anerkannt werden, urteilte das Bundesarbeitsgericht (Az: 5 AZR 678/11).
Urteil 4: Raucher haben das Nachsehen
In den Dienstgebäuden der Stadt Köln gilt absolutes Rauchverbot. Mitarbeiter haben weder Anspruch auf einen Raucherraum noch auf Rauchpausen während der Kernarbeitszeit – und das ist rechtens, entscheid das Verwaltungsgericht Köln.
Ein 61-jähriger Mitarbeiter, der seit mehr als 40 Jahren auch während seines Dienstes rauchte, hatte geklagt. Er verlangte, in einem Innenraum des Gebäudes und auch während der Kernarbeitszeiten seinem Laster nachgehen zu dürfen.
Doch er hatte keinen Erfolg. Denn nur Tätigkeiten wie der Gang zur Toilette, der Kaffee im Büro oder kurze private Gespräche auf dem Flur sind laut Gericht zulässige Arbeitsunterbrechungen. Zigarettenpausen gehören nicht dazu (Az. 1 A 812/08).
Urteil 5: Zumutbarer Dienstwagen
Viele Firmen stellen ihren Mitarbeitern einen Dienstwagen zur Verfügung. Was aber, wenn das Fahrzeug ethische Konflikte auslöst? So verlangte ein Bestattungsunternehmen von einem Angestellten, einen Leichenwagen als Dienstfahrzeug zu benutzen. Das Landgericht Köln entschied: „In Anbetracht des Stellenwerts eines Leichenwagens ist es dem Angestellten nicht zumutbar, ein solches Fahrzeug privat zu nutzen“ (Az. 7 Sa 879/09).
Urteil 6: Lästerei im Vertrauen
Achtung bei Stammtischgesprächen: Die können, wenn sie dem Chef zu Ohren kommen, großen Ärger auslösen. So erging es einer Pflegekraft. Sie hatte bei einem Stammtischtreffen gegenüber einer Kollegin gesagt, sie wisse so viel über ihren Chef zu berichten, dass dieser „keinen Pflegedienst mehr aufmachen dürfe“. Die Lästerei trat nach außen, der Frau wurde fristlos gekündigt. Zu Unrecht, entschied das Arbeitsgericht in Mainz. Zum einen seien die Äußerungen im vertraulichen Gespräch gefallen und zum anderen müsse ein Arbeitnehmer von seinem Chef und seinen Kollegen „nicht positiv denken“ (Az. 11 Sa 266/07).
Urteil 7: Ausnahmezustand Schwangerschaft
Dummheit schützt vor Strafe nicht, lautet ein bekanntes Sprichwort. Schwangerschaft aber offenbar schon. In Darmstadt soll eine Schwangere bei ihrem Arbeitgeber geklaut haben: drei Produkte aus dem Angebot von McDonalds.
Sie behauptete, das Essen habe ihr zugestanden, der Arbeitgeber sah das anders. Er kündigte der Frau. Das Verwaltungsgericht Frankfurt ordnete den Fall als Diebstahl geringwertiger Güter ein und bewertete damit die Kündigung als ungerechtfertigt. Eine Abmahnung sei ausreichend. Zudem sollten von schwangeren Arbeitnehmerinnen alle Belastungen ferngehalten werden, „die mit einer Kündigung verbunden sind“ (Az. 7 E 3766/04).
Urteil 8: Zweitklo nicht absetzbar
Telearbeit gehört zu den gängigen Praktiken im Berufsleben. Viele Arbeitnehmer dürfen damit von Zuhause aus einen Teil ihrer Arbeit erledigen. Das gibt dem Angestellten aber nicht das Recht, seine Privattoilette als „Zweitklo“ steuerlich abzuschreiben, urteilte das Finanzgericht in Baden-Württemberg.
Unter Vorlage eines Toiletten-Tagebuchs hatte ein Mitarbeiter des Finanzamtes dies erstreiten wollen. Und scheiterte (Az. 9 K 2096/12).
Urteil 9: Adressaten überprüfen
Jeder kennt das: Wer vom Arzt krank geschrieben wird, bekommt zwei Zettel. Einen muss man sofort an den Arbeitgeber schicken, den anderen an die Krankenkasse. Dabei sollte man tunlichst auf die korrekte Schreibweise der Adresse achten. Erreicht die Krankschreibung den Chef wegen eines Fehlers (wie etwa einer falschen Postleitzahl) zu spät, ist eine Abmahnung gerechtfertigt. Das entschied das Landgericht Köln. Grund: Fahrlässiges Verhalten (Az. 4 Sa 711/11).
Urteil 10: Versehentliche Beleidigung
Manche Menschen sind sehr eitel – auch in Bezug auf ihre Familienmitglieder und Partner. Das musste eine Auszubildende schmerzlich erfahren. Die 19-Jährige hatte die Freundin ihres Chefs auf einem Foto auf 40 Jahre geschätzt – tatsächlich war diese aber erst 31.
Der Arbeitgeber, ein Rechtsanwalt, fühlte sich beleidigt und kündigte der jungen Frau fristlos. Zu Unrecht, befand das Arbeitsgericht Mannheim. Das Verfahren wurde mit einem Vergleich beendet: Das Ausbildungsverhältnis wurde vorzeitig beendet, die Vergütung noch für einen Monat gezahlt (Az. 3 Ca 406/10).
Urteil 11: Gewitter als Arbeitsunfall
Die von der Entladung bei einem Gewitter ausgehende Schockwelle kann ausreichen, um einen Menschen arbeitsunfähig werden zu lassen. So hat es das Sozialgericht Stuttgart festgestellt.
Ein Angestellter des Stuttgarter Flughafens hatte auf Verletztenrente geklagt, nachdem ein Blitz in seiner Nähe eingeschlagen war und Gesteinsbrocken durch die Luft geschleudert wurden. Dabei erlitt er einen Schock und kämpft seitdem mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Die Richter bewerteten die Folgen des Naturereignisses als Arbeitsunfall, aufgrund dessen dem Mann eine Verletztenrente zustehe. (AZ: S 21 U 233/09)
Urteil 12: Klogang – so oft Sie müssen
Häufige Toilettenbesuche rechtfertigen keine Gehaltskürzung. Das hat das Arbeitsgericht Köln entschieden. Der Inhaber einer Anwaltskanzlei hatte minutiös protokollieren lassen, wie viel Zeit einer seiner Rechtsanwälte auf dem stillen Örtchen verbrachte. Innerhalb von zwei Wochen kam er auf eine Bilanz von 384 Minuten. Dafür zog er seinem Angestellten 680 Euro vom Gehalt ab. Der klagte mit der Begründung, in dieser Zeit an Verdauungsstörungen gelitten zu haben. Das Gericht gab ihm Recht. Wo die Grenze zur Arbeitsverweigerung liege, lasse sich nicht klar festlegen. Mittlerweile ist der Mann aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. (AZ: 6 Ca 3846/09)
Urteil 13: Schwangerschaft nicht meldepflichtig
In Bezug auf schwangere Frauen haben es Arbeitgeber schwer. Sie dürfen keine Auskunft darüber verlangen, ob eine Bewerberin schwanger ist oder nicht. Sogar, wenn es um befristete Verträge wie bei einer Schwangerschaftsvertretung geht.
Der Grund: Den Frauen soll kein Nachteil entstehen. Wird die Vertretung ebenfalls schwanger, darf sie nicht aus diesem Grund gekündigt werden, entschied das Landgericht Köln (Az. 6 Sa 641/12).
Urteil 14: Schranken für schikanöse Chefs
Manchmal stimmt die Chemie zwischen Arbeitgeber und -nehmer nicht. Doch deshalb muss man sich nicht alles gefallen lassen, urteilte das Landgericht Köln. Die Aufgaben müssten vertragsgerecht sein und dem Angestellten ein funktionsgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden.
Im verhandelten Fall hatte ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter für den Kundendienst eingestellt. Seine Aufgabe: Adressen aus dem Telefonbuch abschreiben. Der Mitarbeiter wurde in seinem Büro eingesperrt und durfte die Toilette nur in Begleitung des Betriebsleiters aufsuchen. Die Richter werteten dieses Verhalten als schikanös. Der Mann darf seine Arbeit niederlegen, wird aber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter bezahlt (Az. 7 Sa 1597/04).
Urteil 15: Mützenpflicht für Piloten
Häufig gehören Mützen zu Uniformen dazu. Ein lästiges Übel, befand ein Pilot der Lufthansa und verweigerte das Aufsetzen der Kopfbedeckung. Da aber spielte sein Arbeitgeber nicht mit. Da der Pilot die Mütze auf einem Flug von München nach New York nicht bei sich hatte, wurde der Mann sogar von dem Flug abgezogen.
Er gab an, sich wegen seines Geschlechts diskriminiert zu fühlen, weil seine Kolleginnen keiner Mützenpflicht unterliegen. In zweiter Instanz wies das Landgericht Köln die Klage ab. Begründung: Die Mütze sei Teil der männlichen Dienstbekleidung, nicht der weiblichen (Az. 5 Sa 549/11).
Ich fahre gemütlich!!!
Heizen tue ich nur im Winter!!!